Haushaltsrede des Fraktionsvorsitzenden im Stadtrat Thomas Ott

Veröffentlicht am 03.11.2023 in Kommunalpolitik

Mehrere Stadträte des Eschenbacher Ratsgremiums verweigerten in Teilbereichen, teils aber auch vollständig der Verabschiedung des Haushaltsplans 2023 der Stadt Eschenbach die Zustimmung. Unter ihnen war auch der SPD-Fraktionsvorsitzende im Stadtrat, Thomas Ott, der dem Zahlenwerk incl. seiner finanziellen künftigen Ausrichtung nichts abgewinnen konnte, so dass er gegen alle Einzelpunkte des Haushalts stimmte.

Dem interessierten Leser unserer Homepage wollen wir die Haushaltsrede vollumfänglich zur Kenntnis geben und werden diese in den nächsten Tagen noch mit einigen Detailbetrachtungen des Haushaltswerks fachlich untermauern; dies wird dann in der Rubrik "Ein Auge auf Eschenbach" hinterlegt.

Doch nun zur Haushaltsrede von Stadt- und Kreisrat Thomas Ott.

Lieber Marcus, Heike und Uli von der Verwaltung, verehrte Stadtratskollegen, lieber Walther von der Presse, geehrte Zuhörerschaft,

Wir verabschieden heute wieder einmal einen historischen Haushalt, wie es so oft bei derartigen Sitzungen in den oberpfälzer Kommunen aus der Presse zu entnehmen ist. Historisch ist unser Haushalt aber nicht wegen seiner Höhe - er ist mit rund 23,3 Mio gut 4,2 Mio niedriger als sein Vorgänger aus '22 und damit nur der zweithöchste - historisch deshalb, weil seine Inhalte, bedingt durch die fortgeschrittene Jahreszeit, alle schon Vergangenheit sind. Die Projekte sind schon angegangen oder gar verwirklicht und das Geld in der Verwaltung schon ausgegeben, bevor der Haushalt es genehmigt hat.

In meiner Einleitung stecken bereits meine zwei wesentlichen Kritikpunkte an diesem Werk:

Zum einen hätte es, angesichts der fortgeschrittenen Zeit, durchaus mit aktuelleren Zahlen gefüttert werden können, was der Gesamtbilanz sicher gut getan hätte.

Zum andern muss man auf den um rund 4,6 Mio niedrigeren Vermögenshaushalt einen genaueren Blick werfen. Einerseits ist es begrüßenswert, dass dieser im Vergleich zum Vorgänger deutlich abgespeckt wurde, um für die Zukunft ein solideres Wirtschaften zu ermöglichen. Andererseits sind diesem Zahlenjonglieren, um Rücklagen und Kreditaufnahmen nicht überzustrapazieren, wichtige, bereits ausgereifte Projekte zum Opfer gefallen oder weit nach hinten verschoben worden:

  • Die Stirnbergsanierung, Anfang 2020 bereits spruchreif, wandert ins Jahr 2026. Wie wird das gegenüber den dort lebenden Bürgerinnen und Bürgern vertreten?
  • Auch der Ausbau der OGTS und die Sanierung der Markus-Gottwalt-Schule wandern ganz ans Ende der Legislaturperiode. Hoffentlich wird die OGTS bis zum Anspruch auf eine Ganztagsbetreuung noch fertig.
  • Mit 800.000€/Jahr für Straßensanierungen saniert man keine Siedlungsstraße, außer man lässt ein paar Jahre zusammenkommen und stellt damit dieses Thema ebenfalls ganz hinten an.
  • Unser Pflasterantrag soll ebenfalls in '26 erst verwirklicht werden, was ihn wiederum völlig unsinnig werden lässt. Wir wollten damit Kosten sparen und ihn deshalb gleichzeitig mit dem Fußgängerüberweg umsetzten.
  • Ansätze für ein städtisches Fernwärmenetz, trotz der Fernwärmeplanungen einiger Unternehmer, fehlen gar völlig.

Hier hätte an anderen Stellen gespart werden können. Stattdessen werden Industriegebietserweiterung und -sanierung mit zweiter Zufahrt, Sanierung der Freizeitanlage und Kindergarten als dickste Brocken priorisiert. Es ist sonnenklar, dass der Kindergarten so schnell wie möglich fertiggestellt werden muss. Die Wichtigkeit der beiden anderen Projekte ist mit Blick auf den Rücklagenstand jedoch stark in Frage zu stellen.

Übrigens hat sich, mit Ablauf des Kalenderjahres, zur Halbzeit der Amtsperiode, just dieser Rücklagenstand halbiert. Setzt sich diese Tendenz fort, braucht man die laut Haushaltsplan drohende Kreditaufnahme in '25 zwar noch nicht fürchten. Denn mir ist klar, dass dieser Fall nicht so schnell eintreten wird, weil höhere Gewerbesteuereinnahmen als die kalkulierte Million und Haushaltsausgabereste aus nicht verwirklichten Projekten und Haushaltsleichen, wie zum Beispiel dem Baukindergeld, dies wieder ausgleichen werden, genauso wie die 1,4Mio und 500.000€ Defizit im Verwaltungshaushalt in '22 und '23.

Deshalb werden die leeren Kassen wahrscheinlich erst zu Beginn der nächsten Periode eintreten. Sich jedoch in diesen unsicheren Zeiten auf noch nicht vorhandenes Geld zu verlassen ist alles andere, als eine solide und planvolle Finanzwirtschaft.

Ich halte es auch für eine Mär, dass in Zukunft der Verwaltungshaushalt nicht mehr durch den Vermögenshaushalt ausgeglichen werden muss und wir wieder über eine freie Finanzspanne verfügen können. Steigende Personalkosten, höherer Personalbedarf, besonders im Kindergarten, höhere Betriebskosten durch immer mehr und größere städtische Liegenschaften, eine zu erwartende Steigerung der Umlagen für Kreis, VG und Schule und ein klarer Trend zum Wachsen des Verwaltungshaushalts allgemein (Steigerung: '14 - '17 1 Mio, '18 - '21 1,2 Mio, in '22 2 Mio und '23 nochmal 200.000€ mehr) sprechen deutlich dagegen. Denn eine dauernde Zuführung aus dem Vermögenshaushalt in den Verwaltungshaushalt nimmt uns langfristig die Luft für Investitionen, weil mit dem Geld, mit dem eigentlich gebaut werden sollte, die Verwaltung bezahlt werden muss.

Jeder Stadtrat ist in seinem Stimmverhalten frei und sich selbst verantwortlich. Deshalb kann ich diesem Haushalt in allen seinen Bereichen aus den eben genannten Gründen nicht zustimmen.

Dennoch möchte ich mich im Namen der Fraktion und auch in meinem Namen besonders beim Kämmerer für die Erstellung und damit einhergehenden Mühen und Anstengungen bedanken und wünsche mir für das kommende Jahr eine deutlich frühere Haushaltsdebatte und den Focus auf überschaubare Projekte der Stadt Eschenbach.

Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.

 

 

 

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